Wie Millionen anderer Deutscher gehe ich meinem Broterwerb seit ein paar Monaten von zu Hause aus nach. Homeoffice nennt man das neudeutsch. Anfangs beflügelte dieser Name meine Phantasie. Beim Aufstehen würde ich nur noch meinem Biorhythmus gehorchen und nicht dem Diktat des Weckers, der mich mit seinem schrillen Klingeln sonst Tag für Tag unsanft aus den Träumen reißt. Die Zeit, die man üblicherweise für morgendliche Hygienerituale oder die Fahrt ins Büro verschwendet, würde ich einfach in erholsamen Schlaf investieren. Nach wie vor in den Pyjama gewandet, würde ich ausgiebig frühstücken und danach in meinem gemütlichen Chefsessel Platz nehmen, um gut gelaunt mein Tageswerk in Angriff zu nehmen. Dabei gäbe es keine nervigen Kollegen, die mich mit ihrem unnützen Smalltalk in meinem Eifer bremsen würden. Schöne neue Arbeitswelt! Wie ich schnell feststellen musste, sah die Realität leider ein wenig anders aus. „Wenn du jetzt von zu Hause aus arbeitest, könntest du ja vielleicht morgens die Katzen füttern?“, fragte meine Frau, nachdem ich ihr eröffnet hatte, fortan nicht mehr ins Büro fahren zu müssen.
Die Sache mit dem Ausschlafen hatte sich also erledigt. Während meine Frau sich an meinem ersten Homeoffice-Tag morgens noch einmal im Bett umdrehte, oblag es nun mir, der miauenden Katzenhorde um kurz vor 7 Uhr in der Früh ihr Mahl zu kredenzen. Danach schmierte ich mir ein Nutella-Brot und machte mir einen Kaffee. Ich steuerte mein Arbeitszimmer an, kehrte aber alsbald wieder in die Küche zurück. Man könnte ja noch schnell die verkrustete Pfanne vom Vortag abwaschen und auch das länger nicht gereinigte Katzenklo sendete eindeutige Geruchssignale aus. So brachte ich den Vormittag damit zu, mehr oder weniger nützliche Haushaltstätigkeiten zu verrichten. Mein geplantes Arbeitspensum schaffte ich schließlich am späten Abend. Die kommenden Wochen sollten kaum besser werden. Ständig nagte das Gefühl an mir, irgendwo vielleicht noch irgendetwas erledigen zu können. Zum Glück geht in der nächsten Woche der Büroalltag wieder los, denn inzwischen vermisse ich sogar den unnützen Smalltalk mit meinen nervigen Kollegen. pa
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