Oft sind es ja die kleinen Dinge im Leben, die die größte Faszination ausüben. Für mich war es schon immer ein Traum, die Kirschblüte in Japan zu erleben. Das Bild von zarten Knospen, die sich im Süden des Landes entfalten und langsam Richtung Norden ausbreiten, lässt mein Herz höherschlagen. Japan im Frühling ist wie aus einem Märchenbuch entsprungen. Regelmäßige Vorhersagen zum Zustand der Kirschblüten laufen im Fernsehen und die Bevölkerung strömt in die Parks, um das berühmte „Hanami“ zu zelebrieren – was übersetzt „Blüten betrachten“ heißt, im Grunde genommen aber nichts anderes bedeutet als „Saufen im Freien“. Man kommt zusammen, lässt sich unter blühenden Kirschbäumen auf Plastikdecken nieder, genießt sein mitgebrachtes Essen und natürlich Unmengen an Sake und Bier. Für mich schien dieser Traum jedoch in weite Ferne gerückt zu sein. Nach einer unerwarteten Autoreparatur lag ein Japanurlaub in diesem Frühling definitiv außerhalb meines Budgets. Doch das Schicksal hat einen seltsamen Sinn für Ironie, denn gerade als ich meine Träume begraben wollte, fand ich etwas Erstaunliches. Beim Spazierengehen im Wald entdeckte ich einen einsamen Kirschbaum. Sofort überkam mich eine Welle der Aufregung. Ich griff zum Telefon und rief zwei meiner engsten Freunde an. Wir beschlossen, unsere eigene kleine Hanami-Feier zu veranstalten. Bewaffnet mit Schnaps, Bier und einer Auswahl an Snacks trafen wir uns am darauffolgenden Wochenende unter dem Kirschbaum. Und was soll ich sagen? Es war einfach großartig! Da störte uns auch der eine oder andere irritierte Blick von Spaziergängern nicht. Während wir dort saßen, umgeben von den Reizen der Natur, wurde mir klar, dass man nicht unbedingt nach Tokio oder Kyoto reisen muss, um die Schönheit dieser Welt zu erleben. Manchmal liegt das Glück direkt vor unserer Haustür – oder in diesem Fall unter einem blühenden Kirschbaum im heimischen Wald. pa