19. Mai 2024
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Die Freuden des Camping-Urlaubs

Irgendwo zwischen Feinripp-Unterhemden, Gartenzwergen und Bratwürstchen vom Gasgrill muss sie liegen – die ganz große Freiheit, zumindest für den nicht gerade kleinen campenden Teil der deutschen Bevölkerung scheint das zu gelten. Ich hatte mit dieser Art der Freizeitgestaltung nie viel am Hut. Es erschließt sich mir einfach nicht, warum man sein gemütliches Zuhause gegen einen beengten Campingplatz mit spießigen Nachbarn, unzähligen Verhaltensvorschriften und Gemeinschaftsduschen mit akuter Fußpilzgefahr tauschen sollte. Ganz anders sieht das meine bessere Hälfte, die die Liebe zum Campen schon mit der Muttermilch aufgesogen hat. Ihren Erzählungen nach zu urteilen, gibt es wohl keinen Campingplatz in Europa, den sie mit ihrer Familie noch nicht abgegrast hat. Konnte ich das drohende Unheil bisher stets erfolgreich abwenden, so gingen mir jetzt die Argumente aus. Eine Auslandsreise sei doch derzeit unvernünftig und der Kleine wolle doch auch mal raus und Kinder in seinem Alter treffen. Also ließ ich mich erweichen und fragte meinen Kumpel Andi, ob er mir nicht seinen ollen VW-Bus leihen könne. Er war einverstanden und so machten wir uns für eine Woche ins weltbekannte Booknis bei Eckernförde auf.

Dort angekommen staunte ich nicht schlecht. Neben den Reisemobilen und Wohnwagen, die eher an Luxus-Kreuzfahrtschiffe als an Campingfahrzeuge erinnerten, kam ich mir mit dem geliehenen Bulli ein wenig schäbig vor. Während unsere Nachbarn über Vorzelte in Palastgröße, Satellitenschüsseln samt Riesenfernseher und astronomisch teure Outdoor-Küchen verfügten, bestand der Ausbau unserer rollenden Absteige aus nicht viel mehr als einer müffelnden Matratze. Warum fährt man denn überhaupt in den Urlaub, wenn man sein spießiges Leben 1:1 weiterführen möchte? „Gib dem Ganzen doch eine Chance“, forderte mich meine Frau auf, als sie meinen skeptischen Blick sah. „Ich versuch’s“, brummte ich zurück und öffnete eine Dose Ravioli. Einen Gaskocher hatten wir immerhin dabei. Mehr schlecht als recht gesättigt wollten wir uns gerade mit dem Lütten aufmachen, das weitläufige Areal des Campingplatzes zu erkunden, als der Parzellen-Nachbar uns die Aufwartung machte. „Moin ich bin Klaus“, stellte sich der Mittsechziger vor.

Mit seinen Badeschlappen, der viel zu kurzen Jeans-Shorts und dem Feinripp-Unterhemd, das alle Mühe hatte, seinen feisten Bierbauch zu verhüllen, war er der Inbegriff des Dauercampers. „Wollt ihr ‘ne Wurst und was zu trinken. Ich hab’ noch kaltes Bier da. Gleich fängt ja Fußball an“, sagte Klaus und erstickte damit all meine Vorurteile im Keim. Vielleicht wird das ja doch ganz nett, dachte ich mir und nahm auf Klaus’ gemütlichem Campingstuhl Platz. pa

© Illustration: mast3r / depositphotos.com

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