19. Mai 2024
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Blog – Minimalismus und Nintendo

Nein, als Messie würde ich mich nicht bezeichnen, aber Loslassen war noch nie meine Stärke. Gestört hat mich mein Überfluss an Kram eigentlich nie. Haben ist schließlich besser als brauchen. So hortete ich bis vor Kurzem fünf Videospielkonsolen, teilweise noch aus Kindertagen, ließ in der Garage ein altes DDR-Moped vor sich hingammeln und war der erste, der hier schrie, wenn sich mein Schwiegervater von seiner beträchtlichen Sammlung analoger Kameras und Objektive trennen wollte. In der Küche wurde der Reiskocher von einem überdimensionierten Kaffeevollautomaten und einem Smoothie-Maker flankiert. Aufgrund des Platzmangels fristeten Standmixer, Fritteuse und Induktionskochplatte ihr Dasein im Küchenschrank.

Dann kam meine Frau auf den Trichter, dass Minimalismus unser Leben bereichern könnte. Der bewusste Verzicht auf Überflüssiges würde das, was uns wirklich wichtig ist, wieder mehr in den Vordergrund rücken. Das jedenfalls behauptet irgendeine japanische Aufräumexpertin, deren Sendung meine bessere Hälfte seit Neuestem regelmäßig auf einem Streamingdienst schaut. Auch wenn ich zunächst skeptisch war, so ganz unrecht scheint die gute Frau aus Fernost nicht zu haben. Macht mich ein Moped, zu dessen Reparatur mir die Lust und das Know-how fehlen, glücklich? Werde ich mir jemals gesunden Frucht-Smoothie kredenzen oder mit einer der 23 Analogkameras meines Schwiegervaters fotografieren? Nein, eher nicht.

Als mir das klar wurde, fiel es mir zunehmend leichter, mich von meinem Krempel zu trennen. Ein schraubbegabter Kumpel freute sich über das olle Moped, unnötige Küchenutensilien wurden bei Ebay-Kleinanzeigen veräußert, nicht mehr getragene Klamotten an Sozialkaufhäuser verschenkt und das eine oder andere Teil wanderte schlichtweg in die Tonne. Nur von meinen Spielkonsolen konnte und wollte ich mich nicht trennen. Dafür treffe ich mich seit Anfang des Jahres jede Woche mit einem Freund aus Kindertagen, um die zuvor in einer Kiste verstaubenden Daddelkisten endlich wieder ihrer Bestimmung zuzuführen. Sich von Dingen zu trennen, scheint wirklich dabei zu helfen, sich auf das Wesentliche im Leben zu fokussieren. Das ist für mich anscheinend Nintendo – und natürlich Freunde, mit denen man spielen kann. pa

© Illustration: mast3r / depositphotos.com

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