Autofahren ist auch nicht mehr das, was es mal war. Horrende Spritpreise und verstopfte Innenstädte haben mich zum Umdenken bewegt. Glücklich, wer in seinem kleinen Kuhkaff einen Bahnhof weiß. Von meinem Dorf in die Stadt, wo ich arbeite, braucht der Zug gerade einmal 15 Minuten. Eine Viertelstunde, in der ich ganz bei mir bin, entspannt ein Buch lese oder einfach aus dem Fenster gucke und die Landschaft an mir vorbeiziehen lasse. Es könnte alles so schön sein, wäre da nicht die Deutsche Bahn.
Hielt ich das ganze Gerede über Verspätungen und Ausfälle doch eher für eine typisches Beispiel deutscher Meckerkultur, habe ich mich in meinem ersten Monat als Bahnfahrer eines Besseren belehren lassen müssen. Wer sich auf die Deutsche Bahn verlässt, ist verlassen. Sitzplätze sind in dem mit nur einem Triebwagen und einem Waggon ausgestatteten Gefährt Mangelware. Während der ersten Woche stellte ich außerdem fest, dass es einfacher ist, die pünktlichen Abfahrten zu zählen als die Verspätungen. Ganze viermal fiel der Zug binnen eines Monats sogar gänzlich aus.
Mal wurden Gleisarbeiten, mal die plötzliche Erkrankung des offenbar einzigen Zugfahrers in ganz Schleswig-Holstein angeführt. In solchen Fällen musste ich wohl oder übel auf den Bus umsteigen. Blöd nur, dass dieser in jeder noch so dünn besiedelten Einöde hält. Wenn ich also mal wieder mit kleiner oder großer Verspätung im Büro aufschlug, signalisierte mir mein Chef, der ebenfalls leidgeprüfter Bahnfahrer ist, mit einem wissenden Nicken: „Ich fühle, was du durchmachst.“ Warum ich denn nicht mal mit dem Fahrrad fahre, wollte meine bessere Hälfte kürzlich wissen.
Mein Blick wanderte zuerst auf die große Rundung in meiner Körpermitte und dann gedanklich in die Garage, wo eine alte Dreiganggurke ihr von Spinnenweben überzogenes Dasein fristet. Solange ich es mir leisten kann, werde ich wohl doch erst mal wieder mit dem Auto fahren – nicht, ohne dabei in bester deutscher Meckerkultur über horrende Spritpreise und verstopfte Innenstädte zu fluchen. pa