7. Mai 2024
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Wuff, ich bin der Neue!

Es steht etwas Ungewöhnliches an, das schnuppere ich schon seit einigen Tagen. Noch weiß ich nicht genau, was es zu bedeuten hat, dass Frauchen und Herrchen mit mir seit Tagen „Sitz“, „Platz“ und all die weiteren langweiligen Kommandos aus meinen Kindertagen üben. Die beherrsche ich doch spielend. Wenn’s wenigstens mal etwas Neues wäre. Allerdings, wenn ich es genau überlege, es ist doch etwas dabei, was mir komisch vorkommt. Warum ausgerechnet wollen sie immer, dass ich mich unter den Tisch mit dem Computer verkrümele und keinen Laut von mir geben soll? Ohne Leckerlies mache ich das nicht mit.

Der folgende Tag meines Hundelebens brachte endlich Aufklärung. Frauchen ging ganz früh aus dem Haus und mir schwante schon Unheilvolles bei dem Gedanken, den ganzen Tag allein zu bleiben. Denn sonst hatten wir vormittags immer viel Zeit für unseren Spaziergang. Herrchen machte sich bürotauglich zurecht und ich saß mit fragenden Augen neben der Haustür und jaulte so leise vor mich hin. Forschen Schrittes kam er auf mich zu und forderte mich auf mitzukommen. Ich raste zum Auto, doch wir gingen zu Fuß und hielten vor dem Gebäude, in dem Herrchen immer verschwand, wenn Frauchen ihn morgens mit dem Auto dorthin brachte. Da durfte ich nämlich immer mitkommen, weil wir im Anschluss in unseren Lieblingspark gingen. Jetzt also standen wir vor dem besagten Gebäude, er baute sich vor mir auf und schaute mich ernst an. Was hatte ich verbrochen? „Du kommst jetzt mit“, sagte er. „Da drinnen bist du ganz lieb, egal was passiert.“ Ich trottete brav neben ihm her und wir gingen in den Fahrstuhl neben dem Eingang. Fahrstuhl fahren kenne ich, das geht ganz leicht. Oben angekommen, landeten wir in einem Flur mit vielen Zimmern.

Eine Frau kam auf mich zu und meinte: „Och, ist das ein süßes Kerlchen, zum Knuddeln“. „Das ist Bobby, unser neuer Bürohund“, hörte ich mein Herrchen sagen. „Das wusste ich gar nicht“, sagte die Dame und verschwand in einem Zimmer. Wir gingen in einen anderen Raum. „Hier ist mein Büro“, sagte mein Mensch und zeigte mit dem einen Finger unter den Schreibtisch. „Mach Platz und Aus!“ Mmh, was denn nun? Platz oder Aus und warum Aus? Ich sollte die ganze Zeit muckshundestill darunter verbringen? Das hatte mir noch gefehlt. Statt Hundespaziergang vom Feinsten inklusive Treffen meiner Freunde und insbesondere meines goldblonden Labradorschwarms sollte ich bis zum Ende seines Büroalltags unter diesem Tisch sitzen. Das hält kein Hund aus, schon gar nicht ein cleverer Retriever. Ich legte meinen Kopf auf die Vorderläufe und tat ganz verschlafen, bis Herrchen endlich das Büro verließ, ohne jedoch zu vergessen, mich zu ermahnen, auf jeden Fall, auf meinem Platz zu bleiben. Ich schaute noch verschlafener, um im nächsten Moment aufzuspringen und an der Tür die Lage zu peilen. Kein Herrchen in Sicht.

Jetzt war meine Zeit gekommen und ich musste lediglich für genügend Unruhe sorgen. Doch wie stellt man das als wohlerzogener Hund an? Vielleicht wie ein Wolf heulen? Eine leichte Übung, dachte ich, setzte mich in den Flur und heulte wie ein Wolf. Im Nu war ich umringt von Menschen, die aus den Räumen stürzten. „Was bist du denn für ein süßer Spatz“, hörte ich jemanden sagen, der mir über den Kopf tätschelte. „Das ist unser neuer Bürohund“, meinte die Dame von vorhin und brachte mich zurück in Herrchens Zimmer. Damit war mein Schicksal fürs Erste besiegelt und ich wurde Bürohund oder besser gesagt Therapeut auf vier Pfoten. Denn alle kamen mit ihren Problemen zu mir.

© Foto: depositphotos.com / VitalikRadko

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