1. Mai 2024
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Pilgern als Entschleunigung

Es ist später Nachmittag, die Sonne brennt erbarmungslos vom strahlend blauen Himmel. Ein letzter Anstieg, dann ist das Ziel zu sehen – die Kathedrale von Santiago de Compostella. Erschöpft, aber glücklich lassen sich die Pilger im Schatten vor dem beeindruckenden und frisch renovierten Bauwerk nieder. Einige sind den knapp 800 Kilometer langen ist den Camino Francés von den Pyrenäen nach Santiago de Compostela in voller Länge gegangen.

Der Jakobsweg war schon immer ein Ziel für alle, die sich eine etwas andere Auszeit gönnen wollten. Aber richtig populär in Deutschland wurde der Wanderweg durch den TV-Entertainer Hape Kerkeling. Dieser machte sich 2001 auf den Weg von St.-Jean-Pied-de-Port nach Santiago de Compostela und schilderte seine sechswöchigen Erlebnisse in seinem Buch „Ich bin dann mal weg“.

Fotos: Letzeisen

Während der Pandemie, als das Reisen in ferne Länder eingeschränkt war, entdeckte so mancher seine Liebe fürs Wandern. Abwechslungsreiche Wanderpfade, weitläufige Natur und den ganzen Tag frische Luft: Ein Wanderurlaub war der perfekte Ausgleich zum Lockdown.
So ist es nicht verwunderlich, dass im Jakobusjahr 2021 insgesamt 178.900 Pilger in Santiago de Compostela ihre Urkunde erhielten. Seit dem 12. Jahrhundert fußen die Heiligen Jakobusjahre auf einem päpstlichen Privileg und finden immer dann statt, wenn der 25. Juli auf einen Sonntag fällt. 2021 war es wieder so weit. Aufgrund der Corona-Pandemie hat Papst Franziskus das Jakobsjahr bis Ende 2022 verlängert. Denn nur dann ist das unscheinbare Tor der Vergebung geöffnet, welches allen Menschen, die es durchschreiten, Vergebung der Sünden verspricht und den Eingang ins Paradies symbolisiert.
Aber auch außerhalb des Heiligen Jahres ist die Kathedrale von Santiago de Compostela und die Altstadt, welche seit 1985 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, ein sehenswertes Reiseziel. Und das nicht nur wegen dem 1,60 Meter großen und 54 Kilo schweren Weihrauchfass, Botafumeiro, welches über dem Hauptaltar hängt.

Wem die Strecke zu weit ist oder lieber im deutschsprachigen Raum bleiben will, der kann auch einen Teil des Jakobswegs hier erwandern.
In Deutschland gibt es ein ganzes Netz von Pilger­wegen. Über 30 verschiedene Routen zur Auswahl. Sie sind zwischen 77 Kilometer und 664 Kilometer lang. Besonders reizvoll im Herbst ist der Kinzigtäler Jakobusweg. Die 140 Kilometer verteilen sich auf sieben Etappen, welche von Kapellen, Klöstern und einer abwechslungsreichen Landschaft begleitet werden.
Gestartet wird am Jakobusstein von Loßburg. Durch den Schwarzwald wandern die Pilger nach Schenkenzell. Besonders sehenswert ist die mittelalterliche Klosterkirche in Alpirsbach. Hier wird auch heute noch das Alpirsbacher Klosterbräu gebraut. Erfrischt geht es dem Etappenziel, der Barockkirche St. Ulrich in Schenkenzell entgegen.
Am folgenden Tag führt der Jakobsweg vorbei an Wildbächen und Wassermühlen zum einstigen Clarissinenkloster in Wittichen und weiter nach Wolfach. Hier lässt sich nicht nur die Kunst des Glasblasens bestaunen, sondern auch einiges über das Leben der Holzflößer erfahren.

Fotos: Letzeisen



Der dritte Abschnitt bringt die Pilger zum Höhengasthaus Käppele, wo auch die Wendelinus-Kapelle (ein Wallfahrtsheiligtum) steht. Die großartige Aussicht lohnt den schweißtreibenden Aufstieg. Nach einer badischen Stärkung geht es talwärts nach Hausach. In der Stadt unter der Burg trifft man bei der Dorfkirche auf einen Pilgerbrunnen. Das Etappenziel ist am idyllischen Glaswaldsee – in Haslach, der Geburtsstadt des Schriftstellers Heinrich Hansjakob. So mancher bemerkt, dass sich die Landschaft verändert hat. Die vorher engen Täler werden jetzt immer breiter.
Folgt man weiter der Muschel, erreicht man Zell am Harmersbach. Diese Etappe könnte auch „Fastenetappe“ heißen, denn auf der ganzen Strecke gibt es kaum Einkehrmöglichkeiten. Wer nicht fasten will, sollte den Rucksack entsprechend bestücken.
Das nächste Teilstück führt in die ehemalige Reichsstadt Gengenbach. Hier trifft man auf die ersten Weinreben. Leider bleibt nur wenig Zeit, die historische Altstadt von Gengenbach zu genießen. Auch wenn es in „Perle unter den romantischen Fachwerkstädten“ noch vieles zu bestaunen gäbe, die vorletzte Etappe wartet.

Zwischen Reben und dem Fluss „Kinzig“ gibt es weitere Highlights wie das Ortenberger Schloss und die Eisenbahnerstadt Offenburg zu bestaunen. Folgt man weiter den Wegweisern, dann erreicht man Schutterwald.
Auf dem letzten Teilstück des Kinzigtäler Jakobuswegs wechselt das Landschaftsbild erneut. Von Weinbergen geht es jetzt zu den Rheinauen nach Kehl bzw. Straßburg. Wer dann noch Kraft hat für die nächste Route, der folgt einfach der Muschel ab Straßburg – dem elsässischen Camino.
Wissenswertes zu den Jakobuswegen in Deutschland gibt es unter: www.jakobsweg.de oder im Reiseführer: “Die schönsten Pilgerwege in Deutschland”, Kunth Verlag, Preis: 34,95 Euro

Der Pilgerausweise gibt es unter www.deutsche-jakobus-gesellschaft.de

Fotos: Letzeisen

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