30. April 2024
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Zum Fressen gern

Von oben hörte ich ein eindringliches Fiepen, wie ich es sonst noch nicht vernommen hatte. Als ich die Treppe herunterblickte, sah ich den Hund aufgeregt auf der Stelle tapsen. Er zitterte am ganzen Körper, die Haare waren aufgerichtet und er sabberte. Auf mein Rufen reagierte er nicht. Er stand vor dem niedrigen Dreieckstisch am Fenster und starrte auf die Esche. Es tropfte aus seinem Maul auf den Tisch. Ich schaute nach draußen und entdeckte zwischen einigen gelben Blättern einen buschigen roten Schwanz und zwei spitze Ohrbüschel.

Das Eichhörnchen richtete sich auf und zeigte uns seinen weißen Bauch. Zwischen den Pfötchen hielt es eine Walnuss, an der es knabberte. Mit der Nusshälfte kletterte es am Stamm empor und setzte sich in die Astgabel. Seinen Schatz hielt es fest umklammert und nagte Stückchen aus der Schale, bis sie herunterfiel. Blitzschnell war es wieder unten und suchte nach Vorräten. Unter unserer Esche liegen im Herbst immer wieder Walnüsse, die die Kolkraben mitbringen und fallen lassen. Wieder hatte unser Besucher eine gefunden und vergrub sie im Gras, um dann aufs Nachbargrundstück zu verschwinden. Don Figo, unser Hund, war nicht mehr ganz so angespannt, saß aber noch über eine Stunde vor dem Fenster.
In den nächsten Tagen wollte ich Fotos von unserem Nagetier machen; sein Erscheinen würde sicher zuverlässig angekündigt werden. Dann war es wieder soweit. Ich vernahm dieses Fiepen, schnappte mir den Fotoapparat und stürzte aus dem Zimmer. Der Hund war wie verwandelt und nicht ansprechbar. Mit Gewalt drängte ich ihn beiseite, um meine Bilder machen zu können. Er war wie elektrisiert. So hatte ich ihn noch nicht erlebt. Das Eichhörnchen interessierte sich nicht für uns, obwohl wir nur wenige Meter entfernt waren.
Schwupp, war es wieder auf seinem Lieblingsplatz im Baum und kaute sein Mahl. Dann wieder unten, kam auf uns zu und guckte uns aus großen braunen Augen an. Die Bewegungen neben mir wurden immer hektischer, plötzlich sprang der kräftige Hund mit den Vorderpfoten auf den kleinen Tisch, die Schnauze vor der Fensterscheibe. Dabei fiel der Topf mit meinem Dickblattgewächs auf den Steinfußboden. Scherben, Erde und abgebrochene Ästchen lagen auf den rostroten Ziegeln und die Rosetten der endemischen Pflanze hoben sich malerisch vom Untergrund ab. Ich zerrte den immer noch bebenden Hund, der in der Erde herumtrat vom Ort des Geschehens. Derweil war das Eichhörnchen gerade damit beschäftigt, eine weitere Nuss in der Erde zu verbuddeln.

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