30. April 2024
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Indian Summer & Pilze – Es raschelt im Laub

Komm, lass uns mal in den Wald gehen!

Ein Spaziergang mit Pilzwanderung
Es knackt unter den Füßen und der Boden unter ihnen gibt sanft nach. Eine dicke braune Blätterschicht, Äste und umgestürzte Baumriesen bedecken den Waldboden. Plötzlich springt etwas umher. Das geht so schnell, dass man es kaum erkennen kann. Bei genauerem Hinsehen entdecken wir einen kleinen Laubfrosch, der seiner Wege hüpft. Ein alter Baumstamm, der aussieht wie eine schlafende Riesenechse, hat sich in frisches Moos gehüllt. Würzig-herbe und frische Aromen strömen in die Nase. Wir halten Ausschau nach Pilzen. Doch Inken Lepold, die die Pilzwanderung am Ukleisee vom Naturpark Holsteinische Schweiz leitet, hat uns schon gewarnt. Es sei zu trocken gewesen in den letzten Tagen und daher wahrscheinlich, dass wir nur wenige Exemplare entdecken. Einige Teilnehmer tragen große Körbe in ihrer Hand, andere haben ihren Hund mitgebracht. Kindergelächter hallt durch den Wald. Es dauert, bis die Augen im Blatteinerlei den einen oder anderen Pilz ausmachen. Auf dem See spiegeln sich die Blätter mächtiger Buchen.
Ein Spaziergang am romantischen Ukleisee, der in der Nähe von Eutin liegt, lohnt immer, selbst wenn Sie nur wenige Pilze mit nach Hause nehmen. Der Rundwanderweg führt Sie an alten slawischen Siedlungsplätzen und Erdwällen einer ehemaligen Burganlage vorbei. Nicht weit entfernt liegt das Jagdschlösschen von 1776, in dem heute Konzerte und andere Veranstaltungen stattfinden. Der See hatte schon früher eine magische Anziehungskraft für Dichter und Maler und inspiriert heute immer noch jeden, der ihm mit offenen Augen begegnet. Gerade in der Herbstzeit mit dem Farbspiel in den Blättern und auf dem See entfaltet die Region eine ganz besondere Faszination.
„Pilze kann man das ganze Jahr finden“, sagt Inken Lepold, die auch in der Arbeitsgemeinschaft Kieler Pilzfreunde tätig ist. Im August habe es in diesem Jahr ein großes Pilzaufkommen gegeben, auch Spätherbstpilze seien schon da gewesen. Bei der Wanderung dürfen wir auch links und rechts von den Wegen in den Forst gehen, was ansonsten nicht erlaubt ist. Die Körbchen der Teilnehmer füllen sich trotz dem anfänglichen Hinweis, dass eher wenige Exemplare zu entdecken seien. Einige haben Täublinge gefunden, von denen viele nicht eindeutig zu identifizieren sind. „Sie brechen oft wie Parmesan“, sagt die Expertin und fügt hinzu: „Man darf sie vorsichtig probieren.“ Wenn sie nicht unangenehm, scharf oder bitter schmecken, sind sie essbar. Sie zeigt einen Schwarzen Täubling und macht darauf aufmerksam, dass er rötet, wenn die Lamellen verletzt werden. Der Gallentäubling in ockerlicher Farbe riecht tatsächlich nach Stachelbeeren, ist aber nicht genießbar. Einige Teilnehmer haben Milchlinge gefunden, die wie die Täublinge aufgebaut sind. Sie heißen so, weil sie eine milchartige Flüssigkeit abgeben, wenn man über die Lamellen streicht. Ein hervorragender Speisepilz aus der Familie sei der Brätling, der allerdings in Norddeutschland nicht vorkomme. Auch Helmlinge haben die Eigenschaft des Milchens. Sie sind nicht giftig, aber auch keine Speisepilze. Wir merken schon, dass zum Thema „Pilze“ viel zu sagen ist. Ihre Lebensweisen sind sehr unterschiedlich. Der Knopfstielige Helmling etwa zersetzt Blätter. Bei den Stockschwämmchen, die gute Speisepilze sind, muss man sich schon sicher sein, wenn man sie erntet. Sie können sie sehr leicht mit dem hochgiftigen Gift-Häubling verwechseln, der ihnen extrem ähnlich sieht.
Uns begegnet auch „the old man oft he wood“, der tatsächlich sehr eigen aussieht. Im Deutschen hat er den passenden Namen Strubbelkopfröhrling. Der Pilzhut ist komplett mit pyramidenförmigen Schuppen besetzt, deren Spitzen schwarz sind. Der düstere Vertreter soll dumpf schmecken, allerdings ist er ein Anzeiger für besseren Boden. Auffällig ist auch der schokoladenbraune Igelstäubling. Seinen Namen verdankt der kugelige Geselle natürlich den Stacheln. Schneidet man einen jungen Pilz auf, glaubt man eine mit Creme gefüllte Praline in der Hand zu halten. Es gibt einige Regeln, die man beim Pilze sammeln beachten sollte. „Wenn ein Pilz sich unters Röckchen sehen lässt, ist er zu alt“, sagt Inken Lepold. Selbst gute Speisepilze wie der Rotfußröhrling sollten Sie stehen lassen, wenn sie nicht mehr jung sind. Schön anzusehen und auch essbar sind die meisten Trichterlinge. Von Knollenblätterpilzen allerdings sollten Sie die Hand lassen. „Der Gelbe Knollenblätterpilz ist zwar nicht so wahnsinnig gefährlich, jedoch leicht mit dem Grünen zu verwechseln. Und der ist tödlich. Da reichen fünf bis zehn Gramm. Zunächst kommt es zu Magen-Darm-Problemen, dann wird es Ihnen besser gehen. Die verhängnisvolle Wirkung tritt erst nach einigen Tagen durch Organversagen ein. Lassen Sie sich vom milden süßlichen Honiggeruch des „death angel“ nicht verführen. Er ist auch leicht mit jungen Champignons und Grünen Täublingen zu verwechseln.
Vor lauter Suchen auf dem Waldboden zwischen den braunen Blättern, kommen wir gar nicht dazu, den romantisch gelegenen See mit uralten Buchen gebührend in Augenschein zu nehmen. Auch wenn Sie keine Pilze sammeln wollen, ein Spaziergang am sagenumwobenen Ukleisee bringt Sie auf andere Gedanken. Kennen Sie die Geschichte vom schönen Ritter und der Tochter des armen Bauern? Sie finden Sie unter www.holsteinischeschweiz.de/die-sage-vom-ukleisee und können sie, wenn Sie mögen, Ihren Kindern auf der Wanderung erzählen.
Wir halten weiter Ausschau nach Pilzen für die Pfanne und Inken Lepold versichert uns, dass es im Oktober normalerweise erst richtig mit den Pilzen losgehe. Herbststeinpilze könne man dann zum Beispiel finden. Dann gab sie uns noch den Rat, alle Speisepilze mindestens 15 Minuten zu garen, denn roh seien fast alle giftig. Die Kulturchampignons sind eine Ausnahme. Aber auch von ihnen sollte man roh nicht zu viele verzehren. Auf keinen Fall sollte man Pilze lange lagern, denn ihr Eiweiß sei so empfindlich wie Hackfleisch.
In den Körben liegen Schwefelritterlinge, die nicht zu genießen sind, Semmel-Stoppelpilze und Frauen-Täublinge, die zu den Speisepilzen zählen. Einer entdeckt  eine kleine Mahlzeit an Pfifferlingen, eine andere einen Babysteinpilz und einige Champignons. Korallenpilze eignen sich sehr gut für herbstliche Dekorationen. Die Pilzexpertin empfiehlt als Lektüre für Anfänger das „Handbuch für Pilzsammler“ von Tanja Böhning und Andreas Gminder. Mit guten Fotos werden 340 Arten Mitteleuropas beschrieben. Ein Rezeptteil mit ausgewählten Rezepten der beliebtesten Speisepilze ergänzt das Buch. Genaueres über die Kieler Pilzfreunde finden Sie unter www.kieler-pilzfreunde.de. Dort gibt es jedes Jahr eine Pilzausstellung mit echten Exemplaren und Pilzwanderungen stehen auf dem Programm.
Eine weitere Möglichkeit mehr Informationen über die unzähligen Arten zu erhalten, bietet das Museum für Natur und Umwelt in Lübeck (www.museum-fuer-natur-und-umwelt.de). Die Pilzberatung mit Erhard Sacher findet im Oktober jeden Samstag von 14.30 bis 17.00 Uhr statt. Er gibt Informationen zur Pilzausstellung und hält Anschauungsexemplare bereit. Sie können unbekannte Pilze zur Sprechstunde  mitbringen. Um eine telefonische Anmeldung wird gebeten unter 0451-1224122.

Diese Anfängerregeln sollten Sie beachten:
– Sammle nur Pilze zum Essen, die Du genau kennst!
– Zerstöre keine Pilze! Sie sind Nahrung für Tiere und wichtig für die Natur.
– Zu kleine und zu alte Pilze stehen lassen!
– Speisepilze säubert man im Wald.
– Alle mild schmeckenden Röhrlinge und Täublinge sind essbar. Alle Boviste, die innen noch weiß und fest sind, sind essbar.
– Weiße Pilze im Wald lass stehen!
– Achte beim Sammeln darauf, den ganzen Pilz zu ernten.
– Sammle nur im luftigen Behälter (Korb), denn Pilze müssen atmen.
– Es gibt keine Faustregel, um giftige Pilze zu erkennen. Man muss sie kennen!

 

Foto: © Smileus – Fotolia

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