25. April 2024
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Die schönste Form des Scheiterns

„Was finden die nur daran?“, fragte mich meine Freundin unlängst, als ihr Blick bei einem Bummel durch Lübecks Altstadt die zahlreichen Angler streifte. In kollektivem Schweigen vereint saßen oder standen die fast ausschließlich männlichen Freizeitfischer entlang des Kanals und harrten dessen schuppigen Bewohnern. Ab und an warf einer in gekonnter Manier seine Rute aus, um sich alsbald wieder in Ruhepose zu begeben. Tja, was finden die daran? Warum sollte man stundenlang darauf hoffen, dass endlich ein Fisch anbeißt, wenn dieser doch im nächstbesten Supermarkt nur darauf wartet, für schmales Geld gekauft zu werden – entgrätet und fertig für die Zubereitung. Wer in solchen Kategorien denkt, dem wird sich die Faszination des Angelns wohl nie erschließen. Nun, ich muss zugeben, dass meine letzte Angelerfahrung mittlerweile gut zwei Jahrzehnte zurückliegt und mittlerweile reichlich Staub angesetzt hat. Als Halbstarke schwangen wir uns zunächst auf den Drahtesel, später dann auf´s Mofa, um zu jeder Tages- und Nachtzeit unsere Leine ins Wasser des hiesigen Dorftümpels zu halten. Einen Angelschein hatten wir alle nicht, dafür reichlich Bierdosen und Glimmstengel. Hin und wieder biss ein Rotauge oder ein ähnlich schmalbrüstiger Vertreter der Gattung Fisch an, den wir zumeist wieder in sein kühles Nass entließen. Doch um Fangerfolg ging es gar nicht. Auch wenn das damals niemand so reflektierte, hatte das Angeln etwas Meditatives. Geredet wurde wenig, gequalmt umso mehr. Und so verbrachten wir Stunde um Stunde in gespannter Erwartung eines Leinenzuckens. Irgendwo habe ich einmal gelesen, Angeln sei die schönste Form des Scheiterns. Da scheint etwas dran zu sein. Denn ob man mit leerem oder vollem Eimer nach Hause kehrte, war völlig unerheblich. Gewonnen hatte man immer. „Was finden die nur daran?“  Meine Freundin wiederholte ihre Frage und durchbrach damit meine kitschigen Jugenderinnerungen. „Angeln bedeutet Entschleunigung. Angeln ist ein Weg, den permanenten Erreichbarkeitszwang des Smartphone-Zeitalters hinter sich zu lassen“, wollte ich erwidern, fand das dann aber doch ein wenig zu hochgestochen und antwortete schlicht: „Ich weiß auch nicht, Schatz.“ Drei Tage später meldete ich mich beim Landessportfischerverband an, um meinen Angelschein zu machen. pa

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