Neulich im Park: Auf dem Grill brutzelt das Fleisch, die Hand umschließt zärtlich eine Flasche gekühlten Gerstensaftes. Im Garten Eden kann es nicht schöner sein, dachten sich die Jungs und ich in wortloser Übereinkunft. Wie ein falscher Pinselstrich im lieblichsten Gemälde erschienen plötzlich einige Mittzwanziger auf der Bildfläche, um öffentlichkeitswirksam der Leibesertüchtigung zu frönen. Sie machten Liegestütze, Kniebeugen und andere merkwürdige Übungen, deren Namen wir nicht einmal kannten. Unter ihren viel zu eng sitzenden T-Shirts zeichnete sich die fast schon unverschämte Muskelpracht ab. „Ein Mann ohne Bauch ist ein Krüppel“, sagte mein Kumpel in einer Mischung aus Trotz und Neid. Ich schaute unauffällig an mir herunter. Ein Sixpack hatte ich nur in meinem Rucksack. Die Körpermitte mutete eher wie ein 10-Liter Bierfass an. Wir ließen uns nicht die Laune verderben, legten ein Paar Würste auf den Grill und köpften noch die eine oder andere Flasche. So ganz ließ mich das Thema dann doch nicht los. Wieder zu Hause angekommen, stöberte ich im Internet und wurde fündig. Eine Last-Minute-Strandfigur in acht Wochen wurde da angepriesen. Muskelaufbau, Ausdauertraining, Ernährungsumstellung – und das alles, um maximal fünf Kilogramm abzunehmen, wie ein gewisser Professor von der Deutschen Sporthochschule in Köln erklärte. Das klang dann doch nach viel Aufwand für wenig Ertrag. Vielleicht überlasse ich das Sporteln lieber anderen. Und hat so eine wohldefinierte Wampe nicht auch etwas Identitätsstiftendes? Ist sie nicht der unübersehbare Ausweis, einer Zunft der Griller und Biertrinker anzugehören? Schafft sie nicht ein wohliges Wir-Gefühl, das in einem Europameisterschafts-Sommer gewinnbringender ist als irgendwelche Eitelkeiten? Wahrscheinlich hatte mein Kumpel Recht. Ein Mann ohne Bauch ist ein Krüppel! Das werden diese jungen Fitness-Freaks schon noch lernen. pa
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