23. April 2024
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Wo bitte geht´s nach Brasilien?

König Fußball hält vom 12. Juni bis zum 13. Juli 2014 Einzug im fußballverrückten Brasilien. Kurz vor dem Anpfiff des größten Sportspektakels der Welt ist die Vorfreude auf beiden Seiten des Atlantiks kaum zu übersehen.

Ein ganz besonderes Kribbeln liegt in Brasilien in der Luft.
Allenthalben ist die Euphorie ob des bevorstehenden Großereignisses greifbar. „Ich habe heute schon zwei Panini-Sticker Alben und eine Cola-Dose mit dem Namen Per verkauft. Das steht für den Mertesacker. Ein junger Mann fragte nach einem Wimpel fürs Auto, aber sowas habe ich hier nicht“, sagt Erna Möller. Die 62-Jährige führt in direkter Nähe des feinen Sandstrandes einen gut besuchten Kiosk und ist sich sicher, dass die WM das Geschäft so richtig ankurbeln wird. Die Vorfreude teilt auch Kunde Horst-Uwe Kröger, der sich dort regelmäßig in der Mittagspause mit Zigaretten und Bild-Zeitung eindeckt. Fragt man den Maler und Lackierer, wer denn die besten Chancen auf den Turniersieg habe, muss er nicht lange überlegen: „Deutschland natürlich.“ So wie der 57-Jährige Weltenbummler aus Kalifornien denken hier viele. Das ist auch gar nicht so verwunderlich, kennzeichnet doch Brasilien einen nicht mal zwei Kilometer langen Strandabschnitt zwischen den Schönberger Ortsteilen Kalifornien und Schönberger Strand. Statt Samba-Feeling gibt’s hier norddeutsche Gemütlichkeit, Plattdeutsch tritt an die Stelle von Portugiesisch. Der Legende nach entstand der Name übrigens nachdem ein Fischer die Planke eines gestrandeten spanischen Schiffs mit dem Namen „California“ fand und über seine Tür nagelte. Das rief den Bruder dieses Ur-Kaliforniers auf den Plan, dessen Hütte fortan der Schriftzug „Brasilien“ schmückte. So tauchte der amerikanische Bundesstaat erstmals 1872 auf Landkarten auf, das südamerikanische Land folgte ein Jahr später. Nicht einmal über ein Ortsschild verfügt der kleine Fleck im Kreis Plön. Nicht mehr muss man sagen, denn der gelbe Anzeiger wurde zum beliebten Diebesgut und lässt sich heute nur noch von Pressevertretern im Kurbetrieb ausleihen – vorausgesetzt sie fragen ganz lieb. 9000 Kilometer entfernt von der beschaulichen Ostseeküste ringt man kurz vor der WM mit gewichtigeren Unwegsamkeiten als gemopsten Ortsschildern.

Ordnung und Fortschritt
Ordem e Progresso – so steht es in grünen Buchstaben auf dem weißem Schriftband der brasilianischen Nationalflagge. Unmittelbar vor Anpfiff des größten globalen Sportereignisses mag der auf den französischen Philosophen August Comte zurückgehende Wahlspruch noch nicht so recht passen. Teils unfertige Stadien und Flughäfen lassen an der Sache mit der Ordnung und dem Fortschritt kleinere Zweifel aufkommen. Nationalheiligtum Edson Arantes do Nascimento – dem einen oder anderen besser bekannt als Pelé – beschwichtigt derweil und versucht, Misstöne vom Rasen fernzuhalten. Dass die Ausrichtung einer WM dem Gastgeber zu einem enormen Imagegewinn verhelfen und den Tourismus beleben kann, zeigte zuletzt das Beispiel Südafrikas. Das Land am Kap der guten Hoffnung hatte im Vorfeld mit ähnlichen Störgeräuschen zu kämpfen wie Brasilien dieser Tage. Nicht alles, aber doch so manches, löste sich nach dem gelungenen Turnier in Wohlgefallen auf. Darauf hofft man auch im flächen- und einwohnermäßig größten Land Südamerikas. Es scheint ohnehin unvorstellbar, dass eine Nation, die das Spiel mit dem Ball atmet, keine Riesenfußballparty feiern wird – da verkommt die eine oder andere Baustelle zur Randnotiz.

Wir holen das Ding sowieso
Ganze 64 Jahre ist es her, dass die mit fünf WM-Titeln erfolgreichste Fußballnation zum letzten Mal eine Weltmeisterschafts-Endrunde austrug. Ein paar Tage vor deren Beginn im Jahr 1950 war der Coupe Jules-Rimet, der Vorgänger des aktuellen Fifa-WM-Pokals, in einem Nobel-Schuhgeschäft in Rio ausgestellt. Darunter hatten brasilianische Fans in einer Mischung aus Zuversicht und Überheblichkeit ein Schild mit folgender Aufschrift angebracht: „Bitte nicht klauen – wir holen das Ding sowieso.“ Zwar ging das Finale im mit fast 200.000 Zuschauern aus allen Nähten platzenden Maracanã-Stadion in Rio mit 2:1 gegen den neuen Weltmeister Uruguay verloren – doch Schwamm drüber, denn nach dem dritten Titelgewinn 20 Jahre später, ging der Pott dauerhaft in den Besitz des brasilianischen Fußballverbandes. Nach einer Durststrecke von zwei enttäuschenden Turnieren, geht es anno 2014 um mehr als den sechsten Titel. Wenn ab dem 12. Juni zum 20. Mal die Krone des Weltfußballs vergeben wird, lasten die Hoffnungen von 199 Millionen Brasilianern vor allem auf den Schultern von Neymar da Silva Santos Júnior  – kurz: Neymar. Der erst 22-jährige Superstar vom FC Barcelona hatte maßgeblichen Anteil an der gelungenen WM-Generalprobe im vergangenen Jahr. Beim Confederations-Cup-Finale in Rio demütigten die Samba-Kicker vom Zuckerhut den amtierenden Welt- und Europameister Spanien im Finale mit 3:0. Seitdem gilt Brasilien auch bei den Buchmachern als heißester Turnierfavorit vor Deutschland, Argentinien und Titelverteidiger Spanien. Ein Triumph bei der Hauptvorstellung im modernisierten und mittlerweile 76.804 Zuschauer fassenden Maracanã-Fußballtempel könnte im Land der Doppelpässe, Fallrückzieher und Hackentricks vieles überdecken, was abseits des Rasens nicht so rund läuft wie das Spielgerät bei den Ballzauberern der Seleção, wie Brasiliens Nationalmannschaft genannt wird. .

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