28. März 2024
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Vorfrühling im Niendorfer Hafen – ein Spaziergang

Die Ruhe vor dem Sturm

Bilderbuchwetter an einem Wochentag Ende Februar. Der Himmel Signalblau ohne Wolken. Die Farben leuchten so stark, dass die Augen fast schmerzen. Kutter dümpeln sacht in der Mittagssonne, während die roten und orangefarbenen Fähnchen der Stöder die Windrichtung und die Art der Netze anzeigen. Hier wird mit Stellnetzen gefischt, ideal für Dorsche, Hering und Butt. Ein Fischer in Wathosen macht gerade seinen Kutter fest und vertäut die Leinen am Poller. Er hievt zwei Kisten mit zuckenden Dorschen an Land. Auf die Frage, ob man nicht ein oder zwei Dorsche kaufen könne, antwortet er kurz: „Die sind für morgen.“ Dann trägt er die beiden Kisten zur Verkaufsbude, öffnet diese und murmelt etwas Unverständliches, wobei sich die Falten um die Augen zu einem verschmitzten Lächeln zusammenziehen. Nachdem er zwei kleine Fische abgewogen hat, steckt er sie in eine weiße Plastiktüte und nennt seinen Preis.

Es geht gemächlich zu. Auf den Holzbänken sitzen Menschen im besten Alter, Best Ager eben, und recken ihre Köpfe zur Sonne hin. Auch neben „Onkel Charly“, dem Niendorfer Original, hat eine Dame Platz genommen. Eine Unterhaltung wird sie mit ihm nicht führen können, denn er ist aus Holz. Radler und nicht mehr ganz junge Frauen in schicken Funktionsjacken zeigen sich sportlich. Der Weg zur Mole dauert nur ein paar Minuten, lohnt aber in jedem Fall, auch wenn Wolken den Himmel bedecken. Der Blick wird frei auf einen großen Teil der Lübecker Bucht.  Am Horizont schimmert es himmelblau mit rosa Tönen. Die See ultramarinblau, türkis bis beige-grün über den Sandbänken. Noch lässt ein eisiger Wind die Augen tränen. Es scheint so, als ob die Sonne Gefallen daran findet, Schatten zu werfen. Das Brückengeländer findet sich wieder auf den Holzplanken und den Felsen der Mole.
Auf dem Rückweg geht’s vorbei am Niendorfer Yachtclub. Jollen liegen zugedeckt auf dem Vereinsgelände. Der kleine Yachthafen ist noch verweist, nur Möwen haben sich einen der Anlegestege zum gemeinsamen Sonnenbad ausgesucht. Sie sind nicht in der Laune, aufgeregt und kreischend umherzufliegen. Scheinbar kennen sie die Zeiten der Fischer und wissen, dass jetzt nichts zu holen ist. Erste Frühlingsboten sind schon zu entdecken. Der Sanddorn ist die Temperaturen gewöhnt und zeigt schon dicke Knospen. Reges Treiben herrscht im „Alten Zollhaus“, während die weiße Tür des roten Hafenmeisterhäuschens noch verschlossen ist. Der Niendorfer Hafen hat sich gewandelt in den letzten Jahren. Es gibt aber auch Dinge, die immer so bleiben. „Der Rufer“ und „Der Lauscher“ beim Anleger der Hafenfähre lassen sich durch nichts erschüttern und machen so weiter wie immer. Wir können nur raten, was der eine dem anderen zuruft und was der auf der anderen Seite versteht. Vielleicht versteht er auch gar nichts und muss deshalb sein Holzleben lang verharren. Auf einer kleinen metallenen Tafel steht: „Holzbildhauer Wolfgang Gerthagen – De Uhlenhoff.“
Die „Dana“ döst in der Sonne und auch auf der „Marina“ ist es mucksmäuschenstill, nur eine Plane schlägt im Wind gegen das Geländer. Lange müssen sie nicht mehr warten, bis plappernde Menschen an Bord kommen, um auf die Bucht zu schippern. „Winterpause – nächste Fahrt 2015“ steht auf einer Tafel. Gegenüber auf der Everswerft ist auch noch nicht viel los, lediglich ein schwarz-weißer Hund steht davor und bellt die Wand an. Den Takt gibt ein Seil an, das gegen einen Fahnenmast schlägt. Die Spaziergänger haben ein Lächeln im Gesicht und blinzeln gegen die Sonne. Einige begutachten die türkisfarbenen Pötte, Krüge und Schalen der Hafentöpferei oder betrachten die Seestücke der Galerie nebenan. Vor einem Fischhäuschen herrscht reges Treiben, während die Verkäuferin der Kundin erklärt, wie man frischen Fisch erkennt und dass er eben nicht nach Fisch riechen darf.
Über eine kleine Brücke gelangt man auf die andere Seite des Hafens. Kleinere Fischkutter haben festgemacht und schaukeln leicht vor sich hin. Manche heißen “Nie 7“ oder „Nie 103“, andere „Helene“ oder „Lümmel“. Am Ende eines Stegs hat es sich ein Entenpärchen gemütlich gemacht und kuschelt in der Sonne. Dabei fällt der Blick auf das neue Hafeninformationszentrum, das vermutlich noch im März eröffnet wird. Von weitem sieht es aus wie ein großes weißes Schiff mit unterschiedlich großen Luken. Handwerker klettern auf Leitern, es wird gehämmert und Kabel werden verlegt. Wir erfahren, dass das Gebäude die Entstehung des Hafens und das Leben der Fischer für Gäste und Einheimische in den Mittelpunkt stellen wird. Außerdem wird eine Tourist-Information über das gesamte kulturelle und touristische Angebot im Niendorfer Hafen und seiner Umgebung Auskünfte geben. Im Seepferdchen-Shop werden maritime Souvenirs angeboten. Darüber hinaus werden unterschiedliche wetterabhängige Veranstaltungen wie Hafenführungen, Schulungen und Trauungen stattfinden können. Ein schöner Ort für eine Hochzeit.
Doch jetzt ist es Zeit für ein Fischbrötchen. Am „Hafeneck“ hat sich eine lange Schlange bis zur Straße gebildet. Die Plätze drum herum sind fast alle belegt mit Menschen, die herzhaft in Brötchen beißen aus denen Zwiebelringe und silbriger Fisch lugen. Mit dem Dorsch im Auto, der gar nicht nach Fisch riecht, geht es zurück.

 

Vorfrühling im Niendorfer Hafen
Vorfrühling im Niendorfer Hafen

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