16. April 2024
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Smartphone-Diät

Kennen Sie diese Pärchen, die sich im Restaurant wortlos gegenüber sitzen und unentwegt den Bildschirm ihres Smartphones anstarren? Er checkt schnell noch die neuesten Transfermeldungen auf kicker.de. Sie überlegt mit angestrengter Mine, welche Handtasche ihrer neuer Jacke schmeicheln würde, und macht dann ein Bild vom liebevoll angerichteten Essen, um es noch schnell ihrer besten Freundin zu schicken.

Peinlich oder? Es zuzugeben fällt mir schwer, aber: Meine Frau und ich sind eines dieser Pärchen. Dass es soweit gekommen ist, erstaunt mich selbst- Lange habe ich mich erfolgreich gegen die Anschaffung eines intelligenten Telefons zur Wehr gesetzt. Als das gute alte Nokia nach fast einer Dekade treuer Dienste seinen Geist aufgab, legte ich mir vor gut drei Jahren mein erstes Smartphone zu – und es dauerte nicht lange, bis dieses für mich unentbehrlich geworden war. Beim geselligen Zusammensein mit Kumpels in der Kneipe liefert es die Antwort auf die weltbewegende Frage, welche Bands (außer Queen) beim Live Aid Konzert 1985 dabei waren. Beim ersten Anzeichen einer Grippe kann ich nun Dr. Online fragen. Dank der zugegebenermaßen hervorragenden Foto- und Video-Funktionen gibt es keinen wichtigen, privaten Moment mehr, der nicht auf dem riesigen Speicher des Telefons landet.

Dass dieses perfide kleine Helferlein ernsthafte Auswirkungen auf mein Kommunikationsverhalten hat, wurde mir erst später klar. An die Stelle von „Hey Schatz, wie war dein Tag?“ tritt immer öfter ein „Schau mal, was ich bei Amazon für unseren Garten gefunden habe“. Statt ein gutes Buch vor dem Einschlafen zu lesen, beriesele ich mich heute lieber bei Youtube. Mein an Sucht grenzendes Verhalten wurde mir ironischerweise durch ein Handyvideo von Tante Inges 70. Geburtstag (ja, meine Tante heißt wirklich so) vor Augen geführt. Während aus den Boxen Roland Kaiser dröhnt und ein Großteil der Gäste sich auf der Tanzfläche amüsiert, sind meine Frau und ich wortlos in die Bildschirme unserer Telefone versunken. Das gab uns zu denken. Wenn wir auch nicht viel von guten Neujahrsvorsätzen halten, so einigten wir uns immerhin auf eine kleine Smartphone-Diät. Oder um es mit Roland Kaiser zu sagen: Die sieben Fässer Wein gönnen wir uns auch weiterhin, dafür bleibt das blöde Telefon öfter mal aus. Bis jetzt klappt es ganz gut – aber das Jahr ist ja auch noch jung. pa

© Foto: anabgd / depositphotos.com

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