29. März 2024
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Jürgen Gosch

Verkäufer, Pulweltmeister, Fischkönig!

Ein volles Lokal, ein Klönschnack mit Gästen, ein Foto hier und eine kurze Mitarbeiterbesprechung dort. Unser Treffen auf Sylt mit Jürgen Gosch zeigt es beispielhaft. Der Fischkönig von Sylt steht noch voll im Geschäft.

Damit wäre bereits vorweg genommen, dass der 73-jährige noch nicht wirklich ans Aufhören denkt. Zwar steht er nicht mehr selbst am Herd, um die hungrigen Gäste mit Fisch und Meeresfrüchten zu versorgen. Doch in weißer Kochjacke und Schürze kommt er aus eben dieser Betriebsstätte, wo er immer nach dem Rechten schaut. Meckern und Loben gehört stets dazu. Jürgen Gosch ist stolz darauf, oben zu stehen. Doch er mahnt auch zugleich die klare Linie und Stabilität. Runter fallen kann man immer leicht, sagt der gelernte Maurer, der im Alter von vier oder fünf Jahren sein erstes Geld mit Krabbenpulen verdient. Der gebürtige Tönninger wächst ohne Vater auf und beißt sich durch. Was er sich in den Kopf setzt, macht er auch. So ist es ihm damals wichtig, zum Pulen bei den Krabbenkuttern eingeteilt zu werden. Er ist der Schnellste dabei und somit stets einer der ersten auf dem benachbarten Sportplatz. Später sollte er sogar noch Weltmeister in dieser Disziplin werden. Wer ihn jetzt noch einhändig mit verbundenen Augen pulen sieht, wird ihm den Weltmeistertitel heute noch zudenken. Als Jürgen Gosch schließlich 1966 auf Sylt auf einer Baustelle gebraucht wird, gründet der 25-jährige nach Feierabend mit 12 Mark sein heutiges Unternehmen. Für eben diesen Betrag kauft er sich einen Korb, aus dem heraus er Aale verkauft. Eine Marktlücke. Denn Fisch gibt es reichlich auf der Insel, doch niemand sonst verkauft Aal. Somit ist sein kleines Unternehmen schon nach  einem  Tag „schuldenfrei“. Er ist mit Leib und Seele Verkäufer und Handelsmann.

Die Kelle hängt er an den Nagel und ist nach eigenen Worten der glücklichste Aalverkäufer der Welt. „Verkaufen kann man nicht lernen – das muss man können“, sagt der ehrgeizige „Jünne“. „Ich habe in meinem Leben niemals Autoreifen gewechselt. Das sollen andere machen, die das können.“ Da Gosch nur Fisch kann, verkauft er auch kein Fleisch. Verirrt sich ein Nicht-Fischesser an seinen ersten Verkaufswagen am Hafen von List, so ertönt eine Glocke und der Gast bekommt mit charmant hämischen Schmunzeln ein Marmeladenbrötchen serviert. Der kleine Imbiss den Gosch Anfang der Siebziger eröffnet, wird als nördlichste Fischbude Deutschlands bekannt. Fischbrötchen verleiht er Kultstatus, während andere noch Bismarkhering verkaufen. Anfang der Achziger expandiert Gosch zunächst auf der Insel mit weiteren Geschäften in List, Westerland und Wenningstedt. Heute gibt es rund 30 Filialen in ganz Deutschland. Mit Einkauf und Organisation der eigenen großen Produktionshalle ist der Senior immer noch mitten im Geschehen. Auch wenn Tochter und Schwigersohn längst mit am Ruder stehen. Während das Experiment „sündigste Fischbude Deutschlands“ mit einer Gosch-Filiale im legendären Cafe Keese (Reeperbahn) aufgegeben wurde, stehen Neueröffnungen wie zum Beispiel in Travemünde noch an. Jürgen Gosch schätzt die Lübecker Bucht ebenso wie das verrückte Sylt. Diese wunderschönen Urlaubsregionen leben von den verrückten Menschen, denen man nachsagt, dass Ihnen Sehen und Gesehenwerden so wichtig ist. „Lass sie doch machen“, sagt der sympathische Gastronom, den selbst eher das Fernweh packt, wenn er Urlaub machen darf. Dann geht es zum Abspecken nach Indien oder Oberstaufen. Fit bleiben will er, auch wenn er nach eigenen Worten manchmal ein Quäntchen zuviel Ehrgeiz hat. Auch Weltreisen auf hoher See sind Balsam für seine Seele nach einer anstrengenden Saison. Einen Lieblingsplatz auf Sylt hat er nicht. Außer den eigenen vier Wänden unter Reet – natürlich selbst errichtet.

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