29. März 2024
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Interview – Im Gespräch mit Yared Dibaba

Der Wahlhamburger mit äthiopischen Wurzeln beherrscht nicht nur sechs Sprachen (darunter auch Plattdeutsch), sondern konnte
sich ebenfalls als Moderator, Schauspieler, Schriftsteller, Entertainer und Sänger einen Namen machen. Wir haben mit dem Nordlicht, welches die Sonne Südens im Herzen trägt, über kulinarische Vorlieben und aktuelle Projekte gesprochen.

Moin, moin Herr Dibaba! Wie geiht di datt hüt?

Mi geiht dat good, ick kann nich meckern – un sülvst?

Heel goot! Sie sind sprachlich sehr begabt. Immer wieder gern erwähntwird Ihr Hang zur plattdeutschen Sprache. Erklären Sie uns kurz, wie es dazu kam?

Ich bin mehrsprachig aufgewachsen. Meine Muttersprache ist Oromiffa – das ist die Sprache der Oromo, die in Äthiopien leben. Amharisch habe ich in der Schule in Äthiopien gelernt, das war damals die Amtssprache. Weil wir dann noch ein halbes Jahr in Kenia gelebt haben, kamen dann noch Englisch und ein paar Brocken Key Swaheli dazu. Und als wir im Norden in Falkenburg im Landkreis Oldenburg in Niedersachsen angekommen sind kam dann noch Plattdeutsch dazu. Sprachen waren für mich schon damals immer ein Mittel zum Zweck. Ich konnte so mit den anderen Kindern spielen und mich mitteilen. Weil ich immer und überall dabei sein wollte und auch immer meinen Senf dazu geben musste, war das der einzige Weg. Es fiel mir aber auch nicht schwer – das liegt jetzt nicht daran, dass ich besonders plietsch war, sondern eher daran, dass ich noch so jung war. Als Kind lernt man Sprachen nicht mit viel Aufwand, man inhaliert sie sozusagen. Das geht irgendwie ganz fix.

Was halten Sie von „Denglisch“?

Eine lustige Wortschöpfung. Da steckt ja auch noch das Wort dengeln drin – eine Sprache kaputt dengeln könnte man auch sagen. Ich bin kein Sprachfundamentalist. Aber ich finde es immer besser, wenn eine Sprache so viel Ursprüngliches wie möglich bewahrt. Und wenn man sich mit einer Zusatzsprache von der Masse abheben will und einen auf “gebildet ” machen will – warum dann nicht mit Plattdeutsch? Das ist auch einen Sprache – kein Dialekt – und regional und nachhaltig. Also ich würde mich sehr freuen, wenn wir statt Anglizismen Plattizismen verwenden. Man stelle sich einfach mal vor ein Bayer sagt nicht mehr “der war smart ” sondern “das war ja plietsch” oder er sagt nicht mehr “OK” sondern “löppt” .

Im Alter von zehn Jahren kamen Sie aus Äthiopien nach Norddeutschland. War die Umstellung nicht ein „Kulturschock“ für Sie?

Die Umstellung war kein Kulturschock, da ich die deutsche Kultur bereits kannte. Ich war ja schon mit 4 Jahren das erste Mal in Deutschland. Da haben wir in Osnabrück gelebt. Aber da hatten wir damals tatsächlich einen Kulturschock. Nur weiße Menschen um uns herum. Die sprachen irgendetwas, was wir nicht verstanden haben und es war kalt und wir mussten immer leise sein. Das kannten wir alles nicht und mussten uns erst einmal daran gewöhnen. Aber als Kind ist man ja sehr flexibel und lernfähig. (lacht)

Inwieweit tragen Sie die äthiopische Kultur in Ihrem Herzen?

Die äthiopische Kultur weniger, als die Oromokultur. Das ist so wie der Unterschied zwischen deutscher und norddeutscher Kultur – und sogar noch größer. Aber die Oromokultur trage ich in meinem Herzen und werde sie auch noch lange im Herzen tragen. Das ist meine erste Heimat, da bin ich geboren, da habe ich gelebt. Da habe ich den größten Teil meiner Familie. Ich spreche die Sprache noch und ich trage die Kultur in mir und das wird auch immer so bleiben.
Bevorzugen Sie eher die deutsche oder die äthiopische Küche?

Weder noch. Ich liebe beide Küchen! Die Oromoküche ist sehr lecker, deftig und scharf. Damit bin ich aufgewachsen und wenn ich unser Nationalgericht Itto mit Budena, einem Fladenbrot aus Sauerteig mit einer scharfen roten Soße esse bekomme ich sofort Heimweh. Dazu noch Grünkohl von meiner Mutter und das Essen ist perfekt. Und da schließt sich der Kreis! Sowohl in der Oromo als auch in der Norddeutschen Küche gibt es Grünkohl. Das kann kein Zufall sein!!! Und mein norddeutsches Lieblingsessen ist Grünkohl mit Pinkel – wenn das gut gemacht ist, ist das eine Delikatesse!!!

Nach einer Ausbildung im Groß- und Außenhandel entschlossen Sie sich, Schauspieler zu werden. Was hat Sie zu dieser Entscheidung bewogen?

Das war ganz und gar meine eigene Entscheidung. Aber ich habe mich mit dieser Entscheidung sehr schwer getan. Ich habe mich 1 Jahr rumgequält, da ich einen guten Job in einem guten Unternehmen mit guten Karriereaussichten hatte. Aber dann habe ich mich am Ende für die Schauspielkunst entschieden und ich bereue es nicht, obwohl ich die meiste Zeit moderiere. Ich habe in der Schauspielausbildung sehr vieles gelernt, was auch für meinen jetzigen Job sehr hilfreich ist. Außerdem habe ich immer noch große Lust auch mal wieder als Schauspieler tätig zu sein und eine Rolle zu spielen.

Alles Neu macht der Mai. Welche neuen Projekte stehen bei Ihnen gerade an? Was mögen Sie am Monat Mai am Liebsten?

Ich liebe den Mai – Ich bin zwar im April geboren, daher ist auch der April mein Lieblingsmonat aber absolut auf Augenhöhe ist auch der Mai. Wenn da alles anfängt zu wachsen und zu sprießen, wenn dann alles nach und nach grün wird so saftig strahlt ist das ein fantastisches Bild.

Sie waren vergangenen Monat auch beim UNICEF-Talk in Timmendorfer Strand. Welches Kinderschutzprojekt liegt Ihnen besonders am Herzen?

Ich freue mich grundsätzlich erst mal über jede Organisation, die Kindern in Notsituationen hilft. Ich unterstütze die Arbeit der H-ORA, das ist eine Hilfsorganisation die die Oromo Flüchtlinge in Ostafrika unterstützt und dort ist auch ein wichtiger Aspekt die Unterstützung von Kindern. Durch Alphabetisierungsprojekte und durch medizinische Unterstützung versucht die Organisation vor allem Kindern und ihren Eltern unter die Arme zu greifen.

Zum Schluss würden wir uns sehr über eine Lebensweisheit „op platt“ freuen!

Nich an fummeln wenn’t löppt!”

Vielen Dank für das freundliche Interview und alles Gute für Sie!

© Foto: Oliver Reetz

 

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